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    Dogdancing Szene

Alles ganz easy?

Heelwork to music – die unterschätzte Disziplin.

Heelwork to music, kurz HTM, ist eine Disziplin im DogDancing, die oft im Schatten des Freestyle steht.Freestyle ist spektakulär, die Regeln lassen sehr viel Spielraum für Individualität. Die Individualität des Hundes herauszustellen ist einfacher als im HTM. Die große Herausforderung im HTM ist es, eine Choreografie auszuarbeiten, die den Zuschauer in Atem hält. Ein für Richter und Zuschauer interessantes Konzept, eine Musik, die zum Gangbild, Temperament und Typ des Hundes passt ist die Basis für eine gute Heelwork Choreografie.
Auch HTM hat keine „Pflichtübungen“. Aber die spätestens in der Klasse 3 erwünschten 10 Fußpositionen sind eine Heraus­forderung an die Hundeführer/innen. Ein guter Heelworker
arbeitet diese Positionen nicht einfach ab. Er wechselt, Laufrichtung, Position, nutzt Akzente der Musik für Stops, Drehungen, Tempo­wechsel.

Anders als im Obedience haben wir aber 10 verschiedene Posi­tionen. Die Basisarbeit ist also erst einmal, die Position klar für den Hund zu definieren. Es gibt vielfältige Möglichkeiten dazu. Ein Handtarget, das den Hund in der Position hält, ein Target für die Vorderpfoten, der nächste schwört auf ein Podest, auf dem der Hund die gerade Ausrichtung lernt. Eine große Unterstützung sind Spiegel, um die exakte Position des Hundes zu überprüfen, ohne mit gesenktem Kopf oder in gebückter Haltung im Ring zu stehen.

Natürlich lege ich als Richterin und Sportlerin Wert auf Inhalt und Schwierigkeitsgrad, aber ein ganz wichtiger Aspekt ist auch, ob mich diese Vorführung fesselt. Passt die Musik zum Hund, sind die Akzente gut genutzt, wird die Emotion der Musik aufgegriffen? Nicht umsonst ist der Punkt „Artistische Interpretation“ ein Kriterium, das mit 9 von 30 Punkten zur Endnote beiträgt.

Ganz nüchtern liest sich die Anforderung an Inhalt und Präsentation:
„Eine „Heelwork to Music“ (HTM) Choreographie sollte mindestens 75 % HTM-Bewegungen und maximal 25 % Freestyle beinhalten. Ein Hund darf sich während der gesamten Übung nicht mehr als 2 Meter von der Hundeführerin entfernen.

In einer idealen HTM-Position ist der Abstand zwischen Hund und Hundeführerin konstant und nicht größer als 15 cm. Weder der Hund noch die Hundeführerin sollten sich gegenseitig in ihrer Bewegung einschränken. Der Hund muss sich stets dem Tempo und der Richtung der Hundeführerin anpassen. Es ist erwünscht, dass der Hund in allen Positionen parallel bleibt und sich nur in einer Spur bewegt, es sei denn, es handelt sich um eine Seitwärtsbewegung. Wenn der Abstand zwischen Hund und Hundeführerin mehr als 50 cm beträgt, gilt dies als Freestyle.“
Gerade das Kriterium Abstand zwischen Mensch und Hund muss individuell betrachtet werden. Während es dem großen Hund leichter fällt, mit Schulter oder Kopf eng am Bein der Hundeführerin zu bleiben, ist es für Hunde unter 45 cm eine große Aufgabe. Zudem hat jeder Hund eine Individualdistanz, die ich ihm auch zugestehe.

Natürlich ist es fantastisch anzusehen, wenn der Hund die 15 cm exakt einhält. Aber ein kleiner Hund, der konstant in 25 cm Abstand arbeitet und ein sauberes Gangbild, eine gute Ausstrahlung hat, Wechsel flüssig ausführt und sicher in die nächste Position hineingeht, leistet für mich als Hundeführerin eine sehr gute Arbeit!

Heelwork ist Motivationsarbeit auf höchstem Niveau. Jeder Obedience Sportler wird bestätigten, dass „nur“ Fußarbeit einen unglaublich motivierten und stabilen Hund erfordert. Unverzichtbar ist ein hohes Maß an körperlicher und geistiger Fitness. Als leidenschaftliche Heelworkerin möchte ich diese anspruchsvolle und faszinierende Disziplin möglichst vielen Hundesportlern nahebringen. Ich werde deshalb in einer Reihe von Beiträgen auf die Anforderungen des Heelwork eingehen.

Körperliche Voraussetzungen
Gangwerk Training
Aufbau der Positionen
Individuelle Ausführung je nach Hund
Spiegeltraining
Körperliche Voraussetzungen
Gangwerk Training
Motivation
Mentale Ausdauer
Wechsel und Übergänge
Bewegungsrichtungen
Choreografie
Wettkampftraining

Wem ein Aspekt fehlt, oder wer ein besonderes Thema behandelt sehen möchte, der darf sich gerne an mich wenden: dogdancing@dvg-hundesport.de

CARMEN SCHMID, BFDD IM DVG

Ludwig, der Hund mit dem gewissen Etwas

Ungestüm und feinfühlig

Das ist Ludwig: Er kam aus einem Shelter in Istrien nach Deutschland zu seiner neuen Familie. Ludwig ist ca 1,5 Jahre alt, ein echter Wirbelwind und manchmal noch ungestüm. Hunde-Alltag in Deutschland: Das ist ein ziemliches Päckchen für einen Hund wie Ludwig. Seine Halterin kam zu uns, um ihm eine Beschäftigung zu geben, denn Ludwig lernt unglaublich gerne und enorm schnell. Zum Kennenlernen begann ich mit kleinen Tricks, Slalom, Kringel, Pfote geben. Kein Problem für Ludwig, aber erwartungsgemäß war unsere wichtigste Aufgabe, ihn das „Warten“ zu lehren. Entspannung zwischen zwei Aufgaben, in einer anstrengenden Situation, auch außerhalb unserer Stunden, einfach hinliegen und nichts tun?
Ich begann gemeinsam mit Ludwigs Besitzerin mit einem Warte-­Training nach dem Freudenweg Prinzip. Ludwig erwies sich als absolutes Schätzchen. In der ersten Stunde schaffte er es schon, sich innerhalb von 8 Minuten selbstständig abzulegen, nach einiger Zeit legte er sogar den Kopf auf die Pfoten und begann ruhig und entspannt zu atmen. Bei der zweiten Pause waren es nur noch 4 Minuten. Wir arbeiten noch indoor, denn Ludwig soll in kleinen Schritten seine Aufgaben meistern, unser Fokus liegt darauf, dass er jedes Training erfolgreich meistert.

Gestern war unsere dritte Trainingsstunde. Er zeigte, wieweit er mit den neuen Tricks gekommen war, mittlerweile gehört auch ein „Außen“ dazu und ein „Sitz“/„Platz“/„Steh“. Er lernte den Fitness-Parcours kennen, untersuchte mit großem Interesse den engsten Tunnel, meisterte Balance Board und Donut Kissen und stellte erstaunt fest, dass er seine Hinterbeine aktiv benutzen konnte. Dann kam noch das Fahrrad hinzu. Anfangs war er skeptisch, denn vor solch einem Ding hatte er sich sehr erschreckt. Nach kurzer Zeit folgte er mir äußerst interessiert, als ich dann mit Rad durch den Raum rollte, und empfand er uns – mich und das Rolldings – als ein wenig langweilig.

Noch immer ist er euphorisch, wenn er gelobt wird, aber sobald Warten angesagt ist, legt er sich in kürzester Zeit selbstständig ab und schnauft entspannt durch, putzt sich vielleicht ein wenig oder betrachtet uns gelangweilt. Sicher werden wir nun nicht in diesem Tempo fortfahren, die Aufgaben werden schwieriger werden und somit unsere Trainingsschritte kleiner: Fokus Erfolg!

Aber es ist unglaublich, wie dieser Hund mit seiner Geschichte in sein neues Leben eintaucht! Eines an Ludwig ist ganz besonders – er hat eine Gabe, die kein Training ihm vermitteln kann: er spürt, wenn jemand seine Unterstützung braucht.

Die Tochter der Familie ist durch ein Handicap stark eingeschränkt, die Mutter seiner Halterin leidet an Demenz. Beiden Menschen begegnet Ludwig vom ersten Augenblick an mit Fürsorge, bietet Körperkontakt an, der ungestüme Hund wird rücksichtsvoll und passt sich den Bedürfnissen seiner Schützlinge an. Weder unerwartete Bewegungen noch laute Worte beeinträchtigen ihn, sein großes Herz und seine unendliche Geduld sind unglaublich. Deshalb hat die Familie beschlossen, mit ihm die Ausbildung zum Assistenzhund anzugehen. Gemeinsam mit einer spezialisierten Trainerin wird Ludwig nun vorbereitet. Den Gesundheitscheck bestand er mit Bravour, die erste Einschätzung der Trainerin auch. Ein wenig müsse man noch an seiner Impulskontrolle arbeiten, aber sein Verhalten seinen Schützlingen gegenüber war so beeindruckend, dass sie ihn als Rohdiamant bezeichnete. Ich stimme voll und ganz zu, Hunde wie Ludwig gibt es selten.

Die Ausbildung zum Assistenzhund ist völliges Neuland für mich. Deshalb habe ich mich entschlossen, als „Assistentin“ der Assistenzhunde-Trainerin einfach da zu sein, meinen bescheidenen Teil dazu beizutragen, dass Ludwig seine große Aufgabe meistert.

Wir werden weiter „sportliche“ Aufgaben für ihn finden, er soll ja neben seiner Aufgabe auch noch ein „Privatleben“ haben. Wir haben sogar schon ein Lied für seine erste Choreografie, und er ist dabei zu lernen, eine Folge von Aufgaben zu absolvieren.

Unser Training zur Impulskontrolle wird nach und nach an verschiedenen Orten fortgeführt.

Auf die Gehorsams Prüfung werden wir ihn bestens vorbereiten. Und ansonsten werde ich seinen Weg zum Assistenzhund beobachten, die Anregungen der Trainerin aufgreifen und mich sehr freuen, an seiner Entwicklung teil zu haben.

In einem bin ich mir mit Ludwigs Besitzerin einig: Sollte er aus irgendeinem Grund die Ausbildung nicht schaffen, ist das kein Beinbruch! Dann bleibt er halt ein „normaler“ Hund. Aber einer mit einer ganz besonderen Gabe.

Wie es mit Ludwig und seiner Ausbildung weitergeht?

CARMEN SCHMID