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    Die Lena-Lustig-Kolumne

An der Leine – auch so ein Ding

Aus meiner Sicht ist die Welt voller aufregender Gerüche, Geräusche und natürlich auch anderer Hunde. Wenn ich an der Leine unterwegs bin, freue ich mich darauf neue Freunde zu treffen oder bekannte Gesichter zu sehen, aber manchmal ist es gar nicht so einfach, dass wir Hunde uns richtig verhalten, weil die Leine mich in meiner Bewegung einschränkt.
Wir Hunde laufen gerne einen Bogen. Der Weg, besser gesagt der Trampelpfad, der von unserer Koppel, auf dem unser Irish Tinker Flynn immer friedlich grast, zu dem gegenüberliegenden Tor führt …, sobald wir das Tor passiert haben, geht es ab in die große Freiheit, doch ich schweife vom Thema ab. Eigentlich wollte ich sagen, dass der Trampelpfad in Wellen und Bögen verläuft, definitiv nicht geradlinig.

Deshalb möchte ich, sobald ich einem anderen Hund begegne, gerne schnüffeln und am allerliebsten einen großen Bogen laufen oder mich einfach langsam nähern, um die Lage zu checken. So machen wir Hunde das normalerweise. Die Leine zwingt mich jedoch, direkt und geradeaus auf den anderen Hund zuzugehen, das ist in unserer Welt ziemlich unhöflich. Ich möchte niemanden erschrecken oder aufdringlich wirken! Doch was soll ich machen, wenn die Leine mich zurückhält oder mich in eine Richtung zieht, die ich nicht mag?

Wenn es zu eng wird, ist es immer geschickt, wenn Frauchen eine räumliche Distanz aufbaut und ein paar Leckerchen in der Tasche parat hat, um Tricks abzurufen, denn auch ein einfaches Platz am Wegesrand ist auch ein Trick, der jedoch helfen kann, die Lage zu entspannen und die Gemüter zu beruhigen.

Es gibt hier eine Gassistrecke, die sehr gut frequentiert ist, hier höre ich meine vierbeinigen Freunde oft bellen und manchmal eskaliert die Szene auch. Das ist von den beteiligten Vierbeinern nicht böse gemeint, oft ist es Unsicherheit und Angst und es ist ihre Art zu sagen: „Hey, gib mir etwas Raum, das ist mir gerade zu viel!“ Ich hoffe, wenn ich das von der Ferne beobachte, dass der Mensch am anderen Ende der Leine versteht, dass sein Hund einfach ein bisschen Zeit und Abstand braucht, um die Situation besser einzuschätzen. Eigentlich ist es so einfach.

Ich kann häufig von unserem Wohnzimmer aus beobachten, dass der kleine Spitz Fennek, der mit seinem Herrchen am Fahrrad durch den Ort läuft, furchterregend für den schneeweißen Chakojo ist, dennoch prallen die beiden Hunde mehrfach in der Woche ausgerechnet an der engsten Strecke des Wegabschnitts zusammen.

Doch wisst ihr, was ich wirklich toll finde? Wenn der Mensch einlenkt und seinem Hund hilft! Wenn er zum Beispiel langsamer geht, seinem Hund erlaubt, einen großen Bogen zu machen, oder seinen Hund einfach kurz ablenkt, durch die Position Mitte oder Garage (das „Einparken“ von uns Hunden zwischen den Menschenbeinen), wenn kein Platz am Wegesrand für ein Ablegen ist oder der Boden durch die Autos aufgeweicht und durchnässt ist. Dadurch lernt mein Freund, sich zu entspannen und er hat die Möglichkeit, freundlich und neugierig zu bleiben, so wie ich das auch mache und so wie wir Hunde eigentlich sind.
Fotos/Illustrationen: Anneke Freudenberger
Fotos/Illustrationen: Anneke Freudenberger
Der Mensch kann bei Hundebegegnungen, die etwas enger verlaufen, noch darauf achten, keine körperliche Spannung aufzubauen. Eine körperliche Anspannung entsteht durch das Anhalten des Atems und oder wenn man den Oberkörper anspannt und die Arme an die Seiten presst. Es ist auch sinnvoll, den kommenden Hund nicht anzustarren, sondern einen weichen Blick zu behalten. Die Körpersprache des Menschen überträgt sich ruckzuck auf uns Hunde. Vorbildlich ist hierbei, wenn der Mensch einen Schlendergang einnimmt, einen leichten Bogen mit seinem Hund einschlägt, seinen Körper entspannt und fröhliche Geschichten uns Hunden an der Leine erzählt.

Anneke erzählt uns ganz oft, dass der andere Hund aussieht, wie der von Tante Traudel, der so nett und auch schon so alt ist, dass ihn gar nichts mehr stört und er nur friedlich mit allen umgeht. Manchmal zweifle ich an Annekes Wahrnehmung oder sie benötigt dringend neue Kontaktlinsen, denn definitiv sehen die Hunde, die uns begegnen nie aus wie Tante Traudels Paco, das würde ich nämlich erkennen. Na ja, wie auch immer.

Das Timing ist bei Hundebegegnungen sehr wichtig. Wenn der Hund an der Leine bereits den anderen entgegenkommenden Hund in der Luft zerreißen möchte, ist die Stufe der Eskalationsskala erreicht und es wird unangenehm. Der Bogen, der gegangen werden kann, sollte eingeleitet werden, bevor der Hund in ein Fixieren übergeht, egal, ob er dabei so „schön Platz macht“. Ab wann das Fixieren beginnt, ist von Hund zu Hund unterschiedlich.

Manche jungen Hunde, müssen ihr Benehmen zunächst noch festigen und ihren Höflichkeitsabstand noch lernen. Distanz schadet deshalb nie und ist immer wichtig und genauso wichtig ist Hunden Höflichkeit im Umgang mit anderen Hunden zu lehren.

Einer der Sätze, die bei uns auf dem Hundeplatz immer zu hören sind, ist folgender: „Denkt bitte daran, euren Hund auf der vom Reiz abgewendeten Seite zu führen.“ Es geht zunächst darum, die Spitze der Spannung abzubauen oder noch besser, es gar nicht erst zu einer Spitze der Anspannung kommen zu lassen, denn so ist es für alle Beteiligten leichter. Ich glaube, wenn alle Menschen wüssten, wie wir Hunde denken und fühlen, könnten Hundebegegnungen an der Leine viel schöner sein. Es gäbe weniger Stress, mehr freundliches Schnüffeln und vielleicht sogar ein paar neue Freundschaften!

Sobald wir Hunde verstanden haben, dass Hundebegegnungen fröhlich und friedlich verlaufen, kann der Bogen immer kleiner werden. Sollte ein Freund von mir bereits schlechte Erfahrungen mit Hundebegegnungen an der Leine gemacht haben, lohnt es sich, ihm Hilfe anzubieten und das Thema kleinschrittig mit viel Lob und großen Distanzen in einer „gestellten Situationen mit Beteiligung von friedlichen Hunden“ schrittweise zu üben.

Mein Traum ist es, dass wir alle (Menschen und Hunde) ein bisschen besser aufeinander achten. Denn so macht das Leben an der Leine gleich viel mehr Spaß!

Bis wir uns wiedersehen. Bleibt achtsam, mopsfidel und bostongesund.

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