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Die Lena-Lustig-Kolumne

Leinen los, setze deine Segel mit dem Wind

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Szene Nummer 1 – Der optimale, wunderschöne Spaziergang mit deinem Hund: Du läufst entspannt mit einem meiner vierbeinigen Freunde (sie wird „Feli“ genannt) spazieren, vielleicht läufst du in deiner Vorstellung durch einen schönen Wald mit zwitschernden Vögeln, die bei morgendlichen sonnigen Temperaturen das Frühjahr begrüßen oder ihr lauft über Feldwege und beobachtet die Krähen, die eifrig Samen vom Feld mopsen. Das Schauen über die Felder ist so weitläufig, dass man ins Träumen kommt.

Meine Freundin Feli hopst entspannt in einem Abstand von einigen Meter mal vor dir, mal hinter dir, sie beobachtet ebenfalls die Natur, ist jedoch nicht bereit sich davon aus der Ruhe bringen zu lassen und bleibt an deiner Seite, anstatt nachzuschauen, was die Krähen vorhaben. Wenige Minuten später gesellt sich der Nachbarshund: „Jamie“ dazu, indem er von hinten angesaust kommt, wie gut, dass sich Feli und Jamie gut verstehen, denn als Bauernhofhund, ist er nunmal schnell durchs offen stehende Hoftor mitten auf den Feldweg gelaufen. Feli eröffnet Jamie gegenüber das Spiel und nach einer kurzen Spielsequenz trottet Jamie wieder zurück zu dem Weg, der direkt hinter der Kurve zum Bauernhof führt.

In dieser Szene wäre das angespannte Rufen: „Meiner tut nichts“. „Ist der brav?“ nicht angebracht gewesen, denn Jamie war sowieso alleine on tour.

Beide Hunde waren brav, deshalb kam es auch nicht zu einem ratlosen Herumstehen, wo denn jetzt die Freunde Feli und Jamie abgeblieben sind und ob jemand mal eben im Wald nachschauen könnte, ob von den beiden irgendetwas zu sehen ist.

Wie die Segel gesetzt werden, diese Richtung nimmt das Schiff, so ist auch der Beginn eines Spazierganges von großer Bedeutung.

Wird der Spaziergang ruhig, entspannt und gelassen verlaufen oder hibbelig, angespannt, reaktiv und mit einem meiner Freunde, deren Ohren und Augen nicht bei Frauchen sind. Hier kommt das Tau, die Leine, ins Spiel.

Zunächst kann es ein Thema sein, dass mein Kumpel an der Stelle, an der er immer abgeleint wird (Hunde werden oft an der gleichen Stelle abgeleint.) etwas verknüpft hat, vielleicht schoss vor ein paar Tagen ein Hase durch das Gebüsch und kreuzte vor ihm den Weg oder es haben erst kürzlich ein paar Jugendliche mit Chips und anderen Leckereien den Abend am Wald verbracht und es duftet ganz herrlich, abgesehen davon findet man noch so einiges fressbares.

Meine vierbeinigen Freunde wissen meist genau, wann und wo für sie der Spaß und Halligalli beginnt. Meist verbinden sie mit Halligalli etwas ohne das Tau, das oft an ihnen befestigt ist. Wir üben in der Trainingshalle mittels Spiel und Spaß häufig, dass Halligalli an der Leine genauso natürlich ist, wie wenn wir keine Leine an uns dran haben. Ich kann jedoch sehr häufig beobachten, dass für meine Freunde der Spaß erst beginnt, wenn das Tau, die Leine, abgemacht wird und da meine Freunde sehr genau den Ablauf ihres Spaziergangs wissen, kann es zu einigen stürmischen Gegebenheiten kommen.

Der Mensch versucht seinen Hund abzuleinen, er bemerkt zwar, dass mein Freund geistig ihm gegenüber bereits offline und „Durch-den-Wind“ ist, aber er möchte jetzt gerne mal auf sein Handy schauen und seine Nachrichten abrufen und außerdem ist das wie immer, er wird nun mal jeden Tag an der gleichen Stelle abgeleint.

Der Mensch bemüht sich in dieser Situation, sobald meine Freunde ihre Ohren bereits auf „Durchzug“ gestellt haben und die Augen, anstatt Frauchen zu fokussieren, den Horizont fixieren und letztendlich das Boot schon fast gekentert ist, dass Kollege „Durch-den-Wind“ noch ein Sitz oder Platz ausführen könnte, damit wenigstens eine kleine Chance besteht, den Karabiner vom Geschirr oder Halsband zu lösen und genau das Lösen, nämlich das Klick Geräusch, veranlasst: „Durch-den-Wind“ den nötigen Adrenalinschub zu verschaffen, manch einer brüllt dann seinem Hund noch ein „Los, lauf“ hinterher, damit er die Situation etwas überspielen kann und indem er anderen Spaziergängern signalisiert, genau das wollte ich. „Durch-den-Wind“ nimmt „das Signal“ vermutlich an dieser Stelle nicht an, falls es denn ein Signal sein sollte, denn er ist bereits hochmotiviert, mit extrem hohen Energielevel im Gepäck unterwegs und schnell wie der Wind.

Viele Trainingstechniken und Trainingsspiele können hier helfen, jedoch nicht in diesem Moment. Es ist von großer Wichtigkeit, dass Spiele und Techniken im stillen und ruhigen Umfeld trainiert werden, damit diese draußen in der Umgebungen, dort, wo viele Reize aufeinandertreffen, sicher und zuverlässig abrufbar sind.

Eine Technik wäre das Klick Geräusch des Karabinerhakens so zu trainieren, dass es nicht automatisch bedeutet: Leinen los, ich starte durch. Das kann dadurch geschehen, dass man meinen Freund ins Platz legt und die Leine lose (sie ist nicht am Hund befestigt) in seinen Händen hält, man kann in dieser Trainingseinheit auch neben dem Hund sitzen. Das Klick Geräusch erfolgt und jedesmal gibt es ein Leckerchen, das kann bei Verknüpfung dann so aussehen, (Karabinerhaken-Klick = lecker) da meine Freunde sich erst zu Frauchen drehen und abwarten können, was nach der Leckerchenübergabe erfolgt und da Kauen beruhigt, ist eine entspannte Kommunikation sehr bald möglich.

Die beste Voraussetzung für ein entspanntes miteinander spazieren gehen ist, Werkzeuge in Form von Trainingssequenzen/Tricks/stets an Bord mit sich zu führen, damit Seil und Segel nicht „reißen“ oder im besten Fall ohne Schaden an Ort und Stelle repariert werden können.
Fotos: Anneke Freudenberger
Fotos: Anneke Freudenberger
Kümmert sich Frauchen nicht um diese wertvollen Hilfen, sind wir schnell mal weg und besuchen andere vierbeinige „Freunde“ oder verschlingen den halben Hamburger, der am Boden liegt. Ein beliebtes Verhalten ist auch das Jagdverhalten, diesbezüglich nehmen wir uns etwas viel raus, denn das Jagdverhalten kann viele Facetten aufweisen. Es funktioniert nun mal nicht, dass man meinen Kumpel, ohne sich Gedanken zu machen, auf die Jagd schickt und sich dann wundert, wenn das Segel schief sitzt, da hilft dann auch kein Jammern.

Das Wichtigste bei uns im Rudel ist Ruhe und Entspannung. Das klappt nicht immer, ist jedoch immer ein übergeordnetes Ziel.

Mit Ruhe und Entspannung an einen anderen Ort zu kommen, ist so viel besser und schöner, als im Sturm sein Segel anders setzen zu müssen oder es gar nicht mehr bei sich zu haben. So ist es wichtig, dass auch ein banales Ableinen bei dem ein oder anderen meiner Freunde ordentlich gelernt sein möchte.

Wann, wo und wie meine Kollegen abgeleint werden, ist sicherlich gut zu überlegen, denn auch wenn mein Kollege Brandon die letzten Jahre wie ein vom Blitz getroffener Kobold überall entlang schoss, heißt das nicht, dass er das sein Leben lang weiterhin tun muss und dass das Verhalten prinzipiell gut für ihn ist.

Bei uns gibt es einige Gegebenheiten, bei denen wir an der Leine bleiben (bis auf einige Ausnahmen, nämlich die Oberstreber im Rudel):

Bei Nebel, sofern man nichts mehr sieht.

Gefahrenquellen wie: Autobahn, Eisenbahnschienen, Schnellstraßen usw.

Sobald wir junge Rudelmitglieder haben, die sich noch nicht sehr lange konzentrieren können, gehen wir kurze Strecken und vermeiden die vielen „Ich-wollte-nur-mal-Hallo-sagen“ Freunde.

Abgeleint wird dann, wenn Frau Kollegin einen entspannten Eindruck erweckt und nicht die Ohren bereits auf Durchzug und ihr hochmotiviertes, jagdfreudiges Gesicht zeigt.

Nilgänse, sind angriffslustige über Äcker watschelndes Federvieh. Es wird nicht abgeleint.

Wildschweine riechen nach Maggie, auch hier bitte meine Kumpels an der Leine behalten und schnellstmöglich das Ruder wenden.

Schafherden. Schafe kommen selten alleine und die Hütehunde, die man nicht immer auf den ersten Blick sieht, machen ihren Job sehr gut, weitere Hunde haben in der Schafherde nichts verloren.

Sollte mein vierbeiniger Freund dennoch mal stürmisch und nicht mehr zu bremsen sein, ist es gut mit dem angeleinten Hund zu pausieren. F.-J. und Frauchen saßen früher daher häufig einfach nur mitten in der Natur. Sie haben zusammen Bäume gezählt, auf ihren Atem geachtet oder Steine am Weg gedreht.

Sobald er sich beruhigt hat, hat Frauchen versucht die Umgebung zu überblicken und erst dann wurde F.-J. Foxy von der Leine gelassen.

Meist haben die beiden noch einige Übungen ausgeführt, nachdem die Leine abgelegt wurde, von eher einfachen Übungen wie Hand anstupsen bis hin zu Fußpositionen einnehmen und nach dem Kommando der Freigabe durfte er dann losspurten.

Es ist herrlich, die Segel gemeinsam zu setzen, in die gleiche Richtung zu schauen und eine ruhige Runde spazieren gehen zu können.

BIS WIR UNS WIEDERSEHEN BLEIBT BITTE MOPSFIDEL UND BOSTONGESUND.

Deine Lena Lustig mit dem tierisch zufriedenen Rudel