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Die Lena-Lustig-Kolumne

Tauschst du bereits oder diskutierst du noch?

Mein Frauchen sagt stets, dass sie nicht mit uns Hunden diskutiert, denn dabei könne sie nur verlieren. Anstatt zu diskutieren, wird bei uns „getauscht“ und das Tauschen ist auch bei der Bewältigung unserer Alltagssituationen von großer Bedeutung. Werfen wir einen Blick in unsere Trainingshalle.
Im Dogdancing werden wir Hunde häufig mit Targets trainiert. Es gibt den Bodentarget („Standtarget“ oder „Überlauftarget“), einen Handtarget, den Targetstick usw. Ein wichtiger Bestandteil, der bei uns fast jeden Tag in unterschiedlichen Übungen zum Einsatz kommt, ist der Bodentarget. 

Wir arbeiten meistens mit dem Standtarget, d. h. sowohl ich als auch mein Rudel haben gelernt: Wenn das Bodentarget (in Form von hintereinander gereihten Bodenplatten, die etwas erhöht sind) zum Einsatz kommt, ist es unsere Aufgabe, dass wir uns daraufstellen, und zwar mit allen vier Pfoten. Ich steuere den Bodentarget sowohl rückwärts als auch vorwärts an, je nachdem, aus welcher Richtung ich diesen anlaufe. Diese Übung und insbesondere das Rückwärtsanlaufen hat unserem Felix damals geholfen, wieder auf die Beine zu kommen.

Nach einem Unfall war er gelähmt. Anneke behandelte ihn täglich über mehrere Einheiten. Irgendwann packte sie den Bodentarget aus. Felix erkannte, (er hatte diese im Alter von vier Monaten, in diesem Alter kam er damals von Fuerteventura zu uns, kennengelernt) immer, wenn der Target auftaucht, ist es seine Aufgabe sich daraufzustellen. Felix verunfallte im Alter von 5 Jahren. Er hatte die Übung: Auf das Target stellen und stehen über die Jahre tief verankert.

Es war damals wie ein Wunder, denn tatsächlich, Felix stand auf und wankte auf das Target. Diese Übung  Wiederholten Anneke und er täglich mehrfach (immer in kleinen Einheiten), denn Leben ist Bewegen. Als Felix bereits einige Wochen stehen konnte, tasteten wir uns ans Gehen heran. Er hatte große Schwierigkeiten vorwärts, um eine Ecke oder auch aus dem Zimmer in das nächste Zimmer zu gehen. Aus irgendwelchen Gründen war es für ihn leichter, rückwärts um die Ecke zu gehen. Er schien dabei mehr Stabilität zu haben. Das rückwärts um die Ecke Gehen hat er damals über all die Jahre durch das Ansteuern der Targets aus allen Winkeln und aus allen Positionen gelernt.

Ursprünglich fürs Dogdancing, doch wer hätte je gedacht, dass es eine Übung sein würde, die ihm wieder ins  Leben verhilft.

Nach ein paar Übungseinheiten möchte Anneke den Target oftmals verändern – entweder baut sie diesen kleiner oder sie erhöht ihn. Dieses Umbauen der Trainingsutensilie dauert nur 1 Minute, daher lässt uns Frauchen ungerne in dieser Zeit auf die Ausruhmatte oder in die Box, denn das dorthin schicken, dauert länger als das Umbauen. Die Übung: Platz passt oft nicht zur Trainingseinheit, deshalb fällt diese in diesem Moment auch als Übung weg. Da ich jedoch sehr schnell bin und es dann doch irgendwie schaffen würde, mich wieder, während die Station umgebaut wird, zumindest mit einer Pfote schwungvoll auf das Taget zu wuchten, bekomme ich einfach bereits im Vorfeld einen Keks quer durch die Halle gerollt, bis ich beim Keks, der meist in der hinteren Ecke der Halle landet, angekommen bin, diesen gefressen habe und wieder zurück bin, ist der Umbau abgeschlossen.
Fotos: Anneke Freudenberger
Fotos: Anneke Freudenberger
Frauchen tauscht mit mir. Etwas, das ich haben bzw. tun möchte, nämlich auf dem Target stehen, wird umgeleitet und ich bekomme im Tausch den Keks angeboten. So kann es entspannt in die nächste Trainingssequenz übergehen. 

Das Tauschen macht auch dann Sinn, wenn ich das Spielzeug abgeben soll.

Durch ein Wortkommando gebe ich so schnell wie ich kann das Spielzeug ab, denn ich habe gelernt: Je schneller ich einen Gegenstand ausspucke, desto schneller füllt sich mein Magen, durch die Gabe der Tauschware, nämlich durch Kekse. Es ist die Entscheidung von euch, ob ihr euch im Training und im Alltag unnötig verzettelt oder ob ihr bereit seid, uns Hunde souverän zu führen und so zu erziehen, dass wir euch vertrauen.

Pixie, die Jüngste im Bunde, war, als sie als Welpe in unsere Familie kam, sehr gierig beim Fressen. Sie war stets als Erste fertig und versuchte, uns anderen Hunden das Futter streitig zu machen. Als sie das Verhalten zeigte, kam der etwas andere Futterplan ins Spiel. Natürlich hätte man sie vom Rudel getrennt füttern können, aber es wurde zunächst mal probiert, ob sie nicht mit Geduld und Strategie ein „normales Fressverhalten“ innerhalb der Gruppe lernt. Pixie bekam also ihr Futter in den Napf und weiterhin im Rudel, allerdings war etwas weniger Futter im Napf drin, als es ihrer üblichen Portion entsprach.

Sie fraß wieder Rucki Zucki und war sichtlich erstaunt, dass ihr Futter von diesem Tag an anscheinend niemals endete, denn kurz vor dem letzten Happen hat Frauchen immer zwei Kekse in den Napf gelegt, Pixie kaute und es wanderten wieder Kekse in den Napf usw. Das „unerwünschte“ Verhalten wurde gegen ein gewünschtes Verhalten getauscht.

Tauschen macht immer Sinn, besonders auch draußen, wenn wir Hunde etwas Undefinierbares aufnehmen und gelernt haben, es nicht zu verschlingen, sondern einfach auszuspucken, weil der Tausch so gut sitzt, dass dieser nicht hinterfragt wird.

Bis wir uns Wiedersehen bleibt bitte Mopsfidel und Bostongesund.

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