Der Wunsch nach Freilauf liegt auch daran, dass Spaziergänge mit fünf oder sechs Hunden an der Leine alles andere als entspannt sind. Denn bei unseren Spaziergängen bleibt ständig einer stehen, ein anderer muss schnüffeln, ein anderer hebt das Bein, der nächste will im Sommer im Fluss schwimmen gehen, das wollen jedoch nicht alle hier im Rudel, denn unser Rudel teilt sich in Schwimmer und Nichtschwimmer auf. Sollten wir dann mal Leine tragen, ist es super, wenn wir uns perfekt an einer Seite sortieren, denn sonst verwandeln sich die Leinen schnell in ein wirres Geflecht, das eher an ein Handarbeitsprojekt erinnert als an kontrolliertes Führen.
Damit ein Rudel von Hunden, das nicht ganz uninteressiert an Wild ist (vorsichtig formuliert und ja: WIR), sicher frei laufen kann, ist ein zuverlässiger Rückruf unerlässlich. In meinem Wohnumfeld ist extrem viel Wild unterwegs. Teilweise grasen die Rehe mit Annekes Pferd Flynn zusammen auf der Weide. Die Füchse halten sich nachts rund um unseren Pferdestall, der am Wohnhaus anschließt, auf. Nachts ist dann schon mal viel los, denn ich melde das immer, wenn ein Fuchs ums Haus schleicht. Frauchen ist jedoch nicht der Typ, der mit Jagdszenen gut umgehen kann, also gilt nachts das Gleiche wie tagsüber: brav sein, nicht jagen, nur gucken.
Das Rückruftraining beginnt immer direkt für den Welpen, sobald seine Pfoten unser Haus betreten. Von Beginn an wird Futter zur Verstärkung eingesetzt, und Anneke lässt diese Unterstützung auch nicht mehr weg. Es ist ein Versprechen an uns Hunde dafür, dass sie sich auf uns verlassen kann, auch wenn irgendwann daraus ein alter Schuh wird und wir Hunde genau wissen, was zu tun ist. Ordentliches Verhalten wird belohnt. IMMER.
Frauchen ist es völlig gleichgültig, ob sich einer von uns Hunden beim Herankommen exakt vor sie setzt, sich hinlegt oder in welchem Winkel auch immer er bei ihr antrifft. Wichtig ist, dass wir Hunde zu ihr kommen. Das Zu-ihr-Kommen ist definiert, und wir wissen, dass dies ein enger Radius um sie herum ist.
Das Rückrufsignal ist für uns eine alltagstaugliche Anweisung, die auch bei schlechten Wetterbedingungen oder unwegsamem Gelände funktionieren muss.
Das Ziel ist klar: Auf ein akustisches oder körpersprachliches Signal sollen wir unmittelbar und direkt zu ihr kommen. In engem Radius um sie herum fliegen dann die Leckerchen. Eine Freundin von Anneke meinte mal, dass es bei uns wie beim Bonbonwerfen, die von den fahrbaren Motivwagen an Fastnacht durch die Gegenden fliegen, sei. Das stimmt, tatsächlich gibt es Ähnlichkeiten. Der Grund hierfür ist, dass wir Hunde nicht nur in ihrem Radius ankommen, sie möchte auch gerne, dass wir die Köpfe unten auf dem Boden haben. Indem wir nach Leckerchen suchen, klappt das, denn so kann sie uns schneller an die Leine nehmen, falls ein Auto des Weges kommt. Des Weiteren sind wir mit der Suchaktion nach Leckerchen erst mal erneut eine Zeit beschäftigt, was wichtig ist, wenn man mit fünf Hunden spazieren geht und durch ein sich verändertes Umfeld schnell reagieren muss.
Bei uns heißt das Rückrufkommando: „Hier“, nicht etwa „Komm!“, da dieses Wort in unserem Alltag ständig irgendwo fällt: „Komm, setz dich“, „komm her“, „komm weiter!“, „Na komm, wir gehen raus.“ Ein überstrapaziertes Signal verliert an Bedeutung, deshalb nutzt sie bewusst ein klares, selten benutztes Wort. Auch an einer langen Leine lässt sich das Kommando gut aufbauen. Wichtig dabei ist, dass kein Zug auf die Leine ausgeübt wird. Die Leine dient nur als Begrenzung, nicht als Druckmittel. Sie soll verhindern, dass wir uns entfernen, während wir lernen, bei einem Signal zu Frauchen zurückzukehren.
Die Leine sollte locker durchhängen. Der Mensch soll so viel davon in der Hand halten, um bei Bedarf einen Schritt rückwärts machen zu können, denn das hilft uns Hunden, die Bewegung zur Bezugsperson aufzunehmen. Ein paar kleine Leckerli sollten griffbereit sein, am besten zwischen Daumen und Handfläche, wenn Sie mit der offenen Hand den Hund zu sich einladen.